Tristan & Isolde / Richard Wagner
Musikalische Ltg.: Fabrizio Ventura
Regie: Alexander von Pfeil
Bühne: Christian Wiehle
Kostüm: Sharon Rohard
Dramaturgie: Jan Dvorak
@ Südthüringisches Staatstheater Meiningen 2002
PRESSE
Crashtest als Sinnbild von Gewalt
„Tristan und Isolde“ mutig-konsequent in Meiningen inszeniert
(...)
Bildkonzept mit großem Feingefühl
Mit ebenso so großem Feingefühl ist das bildnerische Konzept aufgebaut: Vom nackten Bühnenboden des 1. Aktes bis zur perfekt simulierten Auto-crash-Szenerie mit Bäumen, Straßenschild und achtlos weggeworfenem Abfall ist eine Entwicklung, eine Steigerung gegeben, die der Sogwirkung der Musik entspricht.
Es gehört Mut dazu, sich im 1. Akt auf wenige Requisiten zu beschränken, es gehört Mut dazu, die Liebesnacht des 2. Akts auch damit zu kommentieren, dass sich im Hintergrund Melot von Brangäne mal eben befriedigen lässt. Und es gehört auch viel Mut dazu, sich zwei Akte lang auf ein so klares, starkes unmissverständliches Crashbild einzulassen. Dieses Bild frisst sich ins Hirn der Zuschauer, weil es sich nicht bloß um eine Theaterkulisse, um Pappmachee, sondern um zwei reale Sportwagen handelt. Spätestens im 2. Akt begreift jeder, wie es tatsächlich um Tristan und Isolde steht. Zu Beginn des 3. Akts, zu diesen sehrend-traurigen Klängen ist auf der Leinwand der Crashtest in Zeitlupe zu sehen. Aus jedem Blickwinkel wird offenbar, dass diese auf bizarre Weise schön wirkenden Bilder nicht anderes sind als Darstellung von Gewalt und Gewalteinwirkung, von Ausweglosigkeit und Verzweiflung, von Egozentrik auch und Einsamkeit.
Fränkischer Tag 8.4.2003 (Monika Beer)
Alexander von Pfeils benommen neben-sich-treten in einer banalen Konstellation verschenkt zwar einerseits bei Markes Auftritt den in-flagranti-Eklat, gewinnt jedoch andererseits zunehmend an szenischer Dichte, die sich dann sogar – anders als bei den meisten Tristan-Inszenierungen im dritten Aufzug noch deutlich steigert. Da werden nicht nur von der Requisite ein paar atmosphärische Bäume zur Unfallstelle drapiert, sondern hier wird das ambivalente Spiel mit den verschiedenen Ebenen von Wahrheit und Wahrnehmung in einer spannenden Balance gehalten: Jetzt ist Tristan, dem im Fieberwahn die Schutzmechanismen vor den Todessüchtigen Traumata seiner Herkunft wegbrechen. Dieser „Regisseur“ hat sich in den Tristan hineingesteigert, droht sich in ihm zu verlieren und zu erkennen. Alle um ihn herum spielen ihm unter Kurwenals (gewohnt standfest: Jo Il Choi) Leitung nun vor, was ihm als Filmfinale vorschwebt. Er sieht sich tot und zugedeckt neben den zu Schrott gefahren Autos liegen und filmt gleichzeitig in erkennenden Wahn sein eigenes Ende. Doch das ist stärker als sein eigenes Abbild – Regisseur Tristan endet selbst im Film auf dem Unglücksplatz im Autowrack.
Fuldaer Zeitung 7.4.2003 (Joachim Lange)